Posted On 12. Juni 2025

Abseits der Postkartenmotive: Die stillen Schönheiten der neuen Bundesländer – Touristisch (noch) unentdeckt

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Wenn die Reisewelt über die neuen Bundesländer spricht, fallen schnell Namen wie die Ostseeküste mit Rügen und Usedom, die Kulturstädte Dresden, Leipzig und Berlin, oder die Naturparadiese der Sächsischen Schweiz und des Harzes. Doch abseits dieser bekannten Pfade existieren Regionen, die mit einer Fülle an Naturschönheiten, reicher Geschichte und authentischer Kultur aufwarten – und dennoch touristisch weitgehend unentdeckt bleiben. Diese „weißen Flecken“ auf der touristischen Landkarte bieten gerade deshalb ein besonderes Reize: Hier findet man noch Ursprünglichkeit, Ruhe und oft überraschende Entdeckungen, fernab von Menschenmassen und kommerzieller Inszenierung.

Warum bleiben diese Regionen, trotz ihres Potenzials, so oft unter dem Radar? Die Ursachen sind vielfältig und reichen von historisch-strukturellen Gegebenheiten bis hin zu mangelndem Marketing.


Die stillen Schätze und ihre Lage

Bevor wir uns den Gründen widmen, lassen Sie uns einige dieser faszinierenden, aber touristisch unterschätzten Regionen in den neuen Bundesländern beleuchten:

  1. Altmark (Sachsen-Anhalt):
    • Lage: Ganz im Norden Sachsen-Anhalts, westlich der Elbe und östlich der Lüneburger Heide.
    • Charakter: Die Altmark ist eine der ältesten Kulturlandschaften Deutschlands, bekannt für ihre weiten, flachen Landschaften, historischen Hansestädte wie Salzwedel, Stendal und Tangermünde mit beeindruckender Backsteingotik, zahlreiche Feldsteinkirchen und eine reiche preußische Geschichte. Hier findet man unberührte Natur, Alleen und eine ländliche Idylle.
    • Potenzial: Ideal für Rad- und Wandertourismus, Geschichtsliebhaber, Entschleunigungssuchende.
  2. Land Brandenburg (abseits von Spreewald und Potsdam):
    • Lage: Die weiten Gebiete Brandenburgs abseits der Ballungsräume Berlin/Potsdam und der bekannten Gewässer wie Spreewald oder Mecklenburgische Seenplatte. Dazu gehören Regionen wie die Prignitz, das Havelland (abseits der Uferorte), der Fläming oder die Uckermark (außer dem direkten Zugang zum Stettiner Haff).
    • Charakter: Brandenburg ist das Land der tausend Seen und ausgedehnten Wälder, geprägt von sanften Hügeln, historischen Gutshäusern, kleinen Schlössern und malerischen Dörfern. Es ist eine Region für Wassersport, Radfahren, Naturbeobachtung und Kulturgeschichte.
    • Potenzial: Naturtourismus, Wassertourismus (Flüsse und Kanäle), Fahrradtourismus, Gutshäuser und Schlösser als Unterkünfte.
  3. Thüringer Becken und Hainich-Region (Thüringen):
    • Lage: Zentral in Thüringen, rund um Städte wie Bad Langensalza und Mühlhausen, angrenzend an den Nationalpark Hainich.
    • Charakter: Das Thüringer Becken ist eine fruchtbare Agrarlandschaft, während der Hainich einen der letzten großen urwaldähnlichen Buchenwälder Mitteleuropas beherbergt (UNESCO-Weltnaturerbe). Die Region verbindet Naturerlebnisse (Baumkronenpfad!) mit historischen Städten und der „Mitte Deutschlands“.
    • Potenzial: Naturerlebnisse (Wald, Baumkronenpfad), Kultur und Geschichte in den umliegenden Städten, Aktivurlaub (Wandern, Radfahren).
  4. Südöstliches Mecklenburg (abseits der Seenplatte):
    • Lage: Gebiete wie die Mecklenburgische Schweiz und Kummerower See oder die Regionen südlich und östlich der Mecklenburgischen Seenplatte, die weniger im Fokus stehen als Müritz und Plauer See.
    • Charakter: Sanfte Hügellandschaften, weite Felder, kleine Seen, versteckte Schlösser und Herrenhäuser. Hier findet man Ruhe und unberührte Natur, oft mit einer besonderen Vogelwelt.
    • Potenzial: Ruhe- und Natururlaub, Angel- und Wassertourismus (auf kleineren Seen), Kulturtourismus (Schlösser, Gutshäuser).
  5. Braunkohleregionen und Bergbaufolgelandschaften (Sachsen und Brandenburg):
    • Lage: Ehemalige Braunkohlereviere wie die Lausitzer und Mitteldeutsche Seenplatte (abseits der bereits entwickelten Seen), aber auch weite Teile des Leipziger Neuseenlandes, die noch im Umbruch sind oder abseits der Hauptachsen liegen.
    • Charakter: Diese Landschaften sind Zeugen eines radikalen Strukturwandels. Aus ehemaligen Tagebauen entstehen riesige Seenlandschaften, die sich langsam zu Freizeitoasen entwickeln. Man findet hier eine faszinierende Mischung aus Industriekultur, neu entstehender Natur und Pioniergeist.
    • Potenzial: Aktivurlaub (Wassersport, Radfahren auf ehemaligen Bahntrassen), Industrietourismus, Naturbeobachtung in Renaturierungsgebieten, ungewöhnliche Fotomotive.

Ursachen der touristischen Unterwahrnehmung

Die Gründe, warum diese Regionen touristisch (noch) im Schatten stehen, sind vielfältig und miteinander verknüpft:

  1. Historische Prägung und DDR-Erbe:
    • Industrielastigkeit: Viele dieser Gebiete waren zu DDR-Zeiten stark durch Industrie und Landwirtschaft geprägt. Die Entwicklung touristischer Infrastruktur hatte keine Priorität.
    • Mangelnde touristische Tradition: Im Gegensatz zu traditionellen Urlaubsregionen wie der Ostsee gab es hier keine gewachsene Tourismusbranche.
    • Imageprobleme: Einige Regionen, insbesondere die ehemaligen Braunkohlereviere, hatten nach der Wende mit einem negativen Image zu kämpfen (Arbeitslosigkeit, Umweltzerstörung), was die touristische Entwicklung erschwerte.
  2. Infrastrukturelle Defizite (vergangene Jahre):
    • Verkehrsanbindung: Obwohl sich viel getan hat, waren und sind einige ländliche Gebiete abseits der großen Achsen weniger gut an das überregionale Verkehrsnetz angebunden.
    • Beherbergungs- und Gastronomieangebot: Das Angebot an qualitativ hochwertigen Hotels, Pensionen und Restaurants war oft dünn gesät oder entsprach nicht modernen Erwartungen. Viele kleine Betriebe hatten nach der Wende Schwierigkeiten.
  3. Mangelndes Marketing und fehlende „Leuchttürme“:
    • Ressourcenmangel: Touristische Regionen leben von gezieltem Marketing. Viele dieser Regionen verfügen nicht über die finanziellen Mittel der großen Tourismusverbände oder über die „Zugpferde“ (wie das Brandenburger Tor oder die Frauenkirche), die eine breite Öffentlichkeit anziehen.
    • Fehlende „Marke“: Es fehlt oft an einer klaren touristischen Identität oder Marke, die potenzielle Besucher anspricht und die Besonderheiten der Region hervorhebt.
    • Fragmentierte Angebote: Oft gibt es viele kleine, tolle Angebote, die aber nicht zu einem schlüssigen Gesamtpaket gebündelt werden.
  4. Wahrnehmung und Bekanntheitsgrad:
    • Fokus auf etablierte Ziele: Reiseveranstalter und Touristen neigen dazu, bekannte und etablierte Ziele zu bevorzugen, da diese als „sicher“ und „bewährt“ gelten.
    • Demografischer Wandel: Der ländliche Raum ist vom demografischen Wandel betroffen, was sich auch auf das Angebot und die Wahrnehmung auswirken kann.

Die Zukunft: Vom Geheimtipp zum sanften Tourismusmagneten?

Trotz dieser Herausforderungen liegt in der touristischen Unterwahrnehmung auch eine große Chance. Gerade weil diese Regionen noch nicht überlaufen sind, bieten sie ein authentisches Reiseerlebnis, das viele Reisende heute suchen: Ruhe, Ursprünglichkeit, persönliche Begegnungen und die Möglichkeit, die Natur ungestört zu genießen.

Mit gezielten Förderprogrammen, der Entwicklung nachhaltiger Tourismuskonzepte und einem stärkeren Fokus auf die einzigartigen Stärken (Natur, Geschichte, lokale Produkte) könnten diese stillen Schönheiten der neuen Bundesländer in den kommenden Jahren zu begehrten Zielen für einen sanften, entschleunigten Tourismus werden. Es bleibt zu hoffen, dass ihr Charme nicht durch Massentourismus, sondern durch eine behutsame und wertschätzende Entwicklung bewahrt bleibt.

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